Leitbild
Mit dem Beschluss des Stiftungsrates im Dezember 2013 trat das Leitbild der Stiftung in Kraft. Es ist Ausdruck ihres demokratischen Fundaments und Wegweiser ihrer historisch-politischen Bildungsarbeit.
Sinn und Zweck der Tätigkeit der Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt ergeben sich aus dem Gedenkstättenstiftungsgesetz vom 22. März 2006. Danach trägt die Stiftung durch ihre Arbeit dazu bei, „dass das Wissen um die einzigartigen Verbrechen während der nationalsozialistischen Diktatur im Bewusstsein der Menschen bewahrt und weitergetragen wird. Es ist ebenfalls Aufgabe der Stiftung, die schweren Menschenrechtsverletzungen während der Zeiten der sowjetischen Besatzung und der SED-Diktatur darzustellen und hierüber Kenntnisse zu verbreiten.“
Die Stiftung sorgt dafür, die in ihrer Trägerschaft befindlichen Gedenkstätten als würdige Orte der Trauer und des Erinnerns an die Verfolgten der beiden Diktaturen und ihrer Leiden zu erhalten und zu entwickeln. Sie gewährleistet deren Ausgestaltung zu Einrichtungen der historisch-politischen Bildung bzw. zu außerschulischen Lernorten, um die Besucherinnen und Besucher, insbesondere Schülerinnen und Schüler, zur kritischen Auseinandersetzung mit der Geschichte zu befähigen.
Entsprechend ihren gesetzlichen Grundlagen sowie den vorhandenen Möglichkeiten kann die Stiftung Vorhaben engagierter Kommunen, Einrichtungen und Initiativen in Sachsen-Anhalt unterstützen, die in besonderer Weise dem Stiftungszweck entsprechen.
Die Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt versteht sich als überparteiliche Akteurin und Partnerin der Zivilgesellschaft. In dieser Eigenschaft wirkt sie an der Entwicklung und Ausgestaltung einer demokratischen Erinnerungskultur in unserem Bundesland mit.
Die Gedenkstätten sind Einrichtungen der historischen Bildungs- und Erinnerungsarbeit. Sie wurden an Orten politischer Willkür und Verbrechen errichtet, mit denen die Besucherinnen und Besucher konfrontiert werden. Diese Orte spiegeln exemplarisch die Vielfalt und Widersprüchlichkeit der doppelten Diktaturgeschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert wider.
Das Eintreten der Stiftung für Freiheit, Demokratie und Toleranz ist die Konsequenz aus der Geschichte des 20. Jahrhunderts. Im Bewusstsein dieser Verantwortung fördert sie die Entwicklung eines reflektierten Geschichtsbewusstseins, das auf Humanität, Rationalität und Pluralismus gründet.
Grundlage der Arbeit der Stiftung sind der wissenschaftliche Forschungsstand und die fachlichen Standards der politischen Bildung:
1. dass nicht emotional überwältigt, sondern zu freier Urteilsbildung befähigt werden soll,
2. dass Kontroverses auch kontrovers darzustellen ist,
3. dass mehrere Perspektiven auf ein und denselben Gegenstand ermöglicht werden und
4. dass zielgruppenorientiert zu kritischer Reflektion angeregt wird.
Im Hinblick auf einen differenzierten Umgang mit den verschiedenen Epochen deutscher Zeitgeschichte folgt die Arbeit der Stiftung der Leitlinie, dass die Verbrechen des Nationalsozialismus in der Auseinandersetzung mit den Verbrechen unter kommunistischer Herrschaft nicht relativiert und diese Verbrechen durch den Hinweis auf die NS-Verbrechen nicht bagatellisiert werden dürfen.
Die Stiftung ist bestrebt, die Erinnerung an jene Menschen und Menschengruppen wachzuhalten, die in beiden Diktaturen aus unterschiedlichen Gründen ausgegrenzt, gedemütigt, unmenschlich behandelt, gefangen gehalten oder ermordet wurden. Jenen, die ihrer Rechte und ihrer Würde beraubt wurden, soll „Gesicht“ und „Stimme“ gegeben werden, um sie aus der Anonymität zu holen.
Zur umfassenden Aufklärung der an den historischen Orten begangenen Menschenrechtsverletzungen muss die gesamte Bandbreite möglicher Verhaltensweisen - von der direkten Beteiligung an Verbrechen über Mitläufertum und Gleichgültigkeit bis hin zu Verweigerung und Widerstand - dargestellt werden.
Ziel der Bildungs- und Erinnerungsarbeit der Stiftung ist es, über Funktionen, Wirkungsweisen und Strukturmerkmale von Diktaturen zu informieren. Ausgrenzungs- und Unterdrückungsmechanismen sollen transparent gemacht werden.
Gedenkstätten als Erinnerungsorte bieten ihren Besucherinnen und Besuchern die Möglichkeit, mittels historisch-politischer Kontextualisierung eine eigenständige Deutung vergangener Geschehnisse vornehmen zu können. Sie bieten zudem einen Rahmen, der ein öffentliches und individuelles Gedenken an die Opfer ermöglicht und ihren Angehörigen einen geschützten Raum zum Trauern und Erinnern bietet.
Zur Umsetzung ihres gesetzlichen Auftrages entwickelt die Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt eine Gesamtkonzeption, die sich an geltenden Qualitätsstandards orientiert, wissenschaftliche Erkenntnisse zur Grundlage hat und aktuelle Erkenntnisse der Besucherforschung berücksichtigt.
Sie organisiert ihre Aktivitäten im Rahmen eines arbeitsteilig wirkenden Verbundes, der auf die Profilierung der einzelnen Gedenkstätten abzielt. Dazu werden die vorhandenen Potenziale und Kompetenzen im Umgang mit den Epochen 1933 bis 1945 und 1945 bis 1989 genutzt. Die Spezialisierung berücksichtigt die Unterschiede zwischen den beiden Diktaturen ebenso wie die Besonderheiten der verschiedenen Erinnerungsorte im jeweiligen nationalen und europäischen Kontext.
Die Stiftung sorgt für die Weiterqualifizierung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Gleiches gilt im Hinblick auf die Optimierung und Erweiterung zielgruppenorientierter Bildungsangebote sowie die Suche nach zeitgemäßen Formen des Gedenkens und Erinnerns.